Paul Ernst / Der schmale Weg zum Glück
Roman
von
Paul Ernst
Einmalige Ausgabe für die
Deutsche Hausbücherei
Hamburg
Der Roman ist einzeln nur in der Originalausgabe des Verlages Georg Müller AktiengesellschaftMünchen zu haben / Die Hausbüchereiausgabe wurde gedruckt bei der HanseatischenVerlagsanstalt A.-G., Hamburg 30 und Wandsbek / Printed in Germany / Copyright 1921by Georg Müller Verlag A.-G., München
Es war in den ersten Wintertagen, wo um sieben Uhr schonDunkelheit in den Stuben ist. Die Großmutter saß stillin ihrem Lehnstuhl am Ofen und träumte im Halbschlummervon ganz alten Zeiten, als sie ein junges Mädchen war undeinen ungeschickten Freier auslachte. Pollux lag auf der Seitevor dem warmen Ofen und schnarchte plötzlich, wachte davonauf, klopfte mit dem Schwanz auf die Dielen und legte sichwieder um. Ganz laut tickte die Wanduhr, wie sie es amTage nicht wagt. Der kleine Hans saß mäuschenstill unterdem Tisch und stellte sich vor, dieser Tisch sei eine Stube, dievon allen Seiten verschlossen wäre, und da säße er in derMitte, und dann müßte nichts weiter auf der Welt sein wiediese Stube.
Dorrel ging in den Stall, und die Laterne warf schnelleinen Schein über die Decke und dann die Wand entlang überdie Spitzen der Rehgeweihe und über die Gewehrläufe. Dannhörte man, wie der Melkeimer klirrte und wie sie mit derKuh zankte, die Elsbeth hieß, und zuletzt hörte man dasMelken.
Die Tür ging auf, und die Mutter trat mit der Lampeherein. Die Großmutter nahm schnell ihr Strickzeug in dieHöhe und sagte, daß sie gar nichts mehr habe sehen können,denn sie wollte es nicht Wort haben, daß sie geschlafen. Danndeckte die Mutter mit dem leinenen Tischtuch, das aus selbstgesponnenemFlachs gewebt war und in der Mitte eine Nahthatte, und der kleine Hans unter dem Tisch saß jetzt viel heimlicher,sah auf die raschen Füße der Mutter und betrachtete,wie der Rock sich bewegte. Und so klapperten die Teller, braune,irdene Teller, und die Schüssel mit dem Haferbrei wurde aufden Tisch gesetzt; sie war auch ein irdenes Geschirr und warinwendig das Vaterunser mit Grün und Rot hineingeschrieben,dann kamen die blanken zinnernen Löffel und dieMesser und Gabeln mit Hirschhorngriff, und ein StückSchinken und ein Schinkenbrett für jeden, nur nicht für denkleinen Hans, denn dem wurde sein Teil zugeschnitten, under kriegte es in ganz kleinen Würfeln, aber die Großen aßenihren Teil in Streifen.
Die Uhr hob aus zum Schlagen, und der kleine Hans krochunterm Tisch hervor, um die Zeiger zu betrachten, wie siezitterten während des Schlagens. Da waren mit einem Malelaute und schnelle Schritte des Vaters vor dem Haus; Polluxsprang auf und stellte sich winselnd vor die Tür, der Vaterkam eilig herein und langte nach der Schrotflinte; Polluxsprang an ihm hoch; die Mutter warf sich ihm entgegen undrief: „Bleib, bleib, ich habe eine Ahnung, sie bringen dich totnach